Radschlosspistole, Suhl nach 1630

Replik einer Radschlosspistole nach einem Original in Privatbesitz. Herstellungsort des Originals: Suhl, zwischen 1630 und 1634

Gesamtlänge: 64 cm
Lauflänge: 43 cm

Kaliber (Bohrung):
14 mm

Gewicht: 1250 g

Glatter, im Bereich der Pulverkammer oktagonaler Lauf, in runden Außenquerschnitt übergehend. Schaft braun lasiert und geölt, mit Ladestocktülle und einem Abschlußband im Mündungsbereich. Eisenband am Kolbenende. Hölzerner Ladestock mit Metalltopper. Einfaches Radschloss ohne Sicherungsmechanik mit 2-fach verschraubter Schlossplatte und ungefedertem Pfannenschieber. Eine hinter dem Abzugshebel angebrachte Blattfeder dient als rudimentäre Abzugssicherung. Auf der Schlossplatte Schmiedemarke von Armin König.



Ein Blick in das Innere des Schlosses zeigt, daß militärische Radschlosspistolen ab dem 2. Viertels des 17. Jahrhunderts, besonders in der Ausführung für die Mannschaften, ein relativ einfaches Kontruktionsschema aufwiesen, welches sich allerdings durch eine verhältnismäßig hohe Zuverlässigkeit auszeichnete. So sind hochbeanspruchte Teile, wie etwa die Verbindungskette zwischen Schlagfeder und Radachsenexzenter, ebenso wie die Lagerung des Pfannenschiebers, der beim Auslösen des gespannten Rades mit großer Gewalt aufgeschlagen wird, sehr sorgfältig und paßgenau gearbeitet. Ein Merkmal, welches modernen Nachbauten solcher Waffen in den meisten Fällen leider fehlt. Komplizierte Mechanismen, wie zum Beispiel ein durch Knopfdruck sich schließender, gefederter Pfannenschieber, wie ihn die höherwertigen, militärischen oder zivilen Radschloßwaffen ausweisen, fehlen hier gänzlich. Das Schloss besitzt auch keine Sicherungsvorrichtung. Man behalf sich damit, daß der unter Federspannung stehende Hahn mit dem Schwefelkies (Pyrit) bei gespannter Pistole erst kurz vor dem Schuß auf den Pfannenschieber geklappt (im damaligen Sprachgebrauch "aufgezogen" oder "aufgeruckt") wurde.



Ein Vergleich zwischen dem Original (unten) und dem Nachbau (oben). An dieser Studie läßt sich sehr gut die Charakteristik der Suhler Pistolenmodelle ab dem Beginn der 30er Jahre des 17. Jahrhunderts erkennen. Typisch ist die Form der nach hinten relativ spitz zulaufenden, flachen und nur an den Kanten abgephasten Schlossplatte, die nur zweifach von der Pistolenrückseite her verschraubt ist (s. nächstes Bild; vorherrschend beim Suhler Typ ist allerdings die dreifache Verschraubung der Schlossplatte). Ein weiteres Merkmal ist die von vorne verschraubte Hahnfederstudel (als Studel bezeichnet man in der Regel ein Achslager, in diesem Falle die äußere Verbindungsplatte zwischen der Drehachse des Hahnes und der Befestigungsschraube der dazugehörigen Hahnfeder). Typisch ist zudem die kantige Linienführung des Hahnes, dem jegliche ballusterartige Aufbauchungen fehlen. Diese Merkmale des Suhler Typs sagen jedoch nichts darüber aus, ob die Waffe auch wirklich in Suhl gefertigt wurde (dies läßt sich nur über die entsprechenden Meister-, bzw Beschaumarken nachweisen). Sie bilden jedoch ein zuverlässiges Unterscheidungskriterium, z. B. zu Waffen aus Nürnberger, holländischer, italienischer oder österreichischer (Ferlacher) Fertigung.



Original (oben) und Nachbau (unten) in der rückseitigen Ansicht. Zu erkennen ist die zweifache Verschraubung der Schlossplatte von hinten. Die hinter dem Abzug sichbare kleine Blattfeder dient nicht etwa als Rückholmechanismus des Drückers (dies wird bereits durch die innenliegende, gefederte Abzugsstange bewerkstelligt), sonders als rudimentäre Abzugssicherung. Durch diese Feder lag der Abzugshebel bei gespanntem Rad nicht direkt am Druckpunkt an, und konnte damit nicht so leicht versehendlich ausgelöst werden.



Die Perspektive von oben macht die sehr schlanke und elegante Linienführung der Pistole besonders deutlich. Hierbei wird auch ersichtlich, daß die Waffenbauer ab dem 2. Drittel des 17. Jahrhunderts auf jede überflüssige Materialverbauung verzichteten. Wiederum ein Manko vieler moderner Nachbauten, die meist zu klobig und zu schwer ausgeführt werden. Die Silhouette des Laufes beim Original (oben), ebenso wie bei dem darunterliegenden Nachbau deckt sich nahezu mit der des Schaftes. Nur auf diese Weise konnte, bei der Länge dieser Waffe, eine ausgewogene Gewichtsverteilung und damit einigermaßen brauchbare Handhabung erreicht werden. Das Gewicht originaler Radschlosspistolen dieser Form und Abmessungen liegt meist wenig über 1200 Gramm. Um dieses zu erreichen, wurde allerdings die Rohrwandungsstärke des Laufes im Mündungsbereich oft bis auf eine Größenordnung von 1 mm verringert. Hier müssen im modernen Waffenbau, will man die Kriterien einer Beschußprüfung einhalten, doch minimale Kompromisse eingegangen werden. Das Gewicht des Nachbaus (im Bild unten) liegt mit 1250 Gramm, trotz Beschußprüfung, nur unwesentlich über dem des Originals.


Vergleich der Schlösser von außen. Rechts das Original. Dieses mußte bereits eine korrosionsbedingte und nicht unerhebliche Aufrauhung der Oberfläche hinnehmen. Zudem zeigt die Hahnfeder, welche normalerweise bei aufgeklapptem Hahn einen ziemlich kräftigen Druck auf den Pfannenschieber ausübt, altersbedingte Ermüdungserscheinungen.



Die gleiche Perspektive von innen. Nachbau (links) und Original stimmen bis auf das kleinste Detail überein. Die Teile dieses und anderer Schlösser werden nicht, wie bei vielen Nachbauten üblich, abgeformt und im Stahlgußverfahren hergestellt. Armin König arbeitet bei seinen Repliken sämtliche funktionellen Komponenten einer Waffe aus geschmiedeten Grundformen oder aus dem vollen Material.



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