Schützenrohr - Suhl um 1610


Replik eines Schützenrohrs von Armin König, nach einem Original im Landeszeughaus Graz.

Herstellungsort des Originals: Suhl, zwischen 1610 und 1620 (Beschaumarke: svl).

Gesamtlänge: 130 cm
Lauflänge: 97,5 cm
Gewicht: 3 kg

Innen glatter Lauf mit einem Laufkaliber 16 mm (20 Kugeln/Pfund), ausgelegt für eine Rollkugel von 14,9 mm (24 Kugeln/Pfund Nürnberger Silbergewicht).

Außergewöhnlich qualitätvolles Luntenschloss, jedoch noch mit dem bis zur Jahrhundertwende üblichen Handhebelabzug ausgestattet. Anstatt des bei Musketen und einfachen Rohren üblichen, drehbaren Pfannendeckels besitzt dieses Schloß einen gefederten Pfannenschieber, welcher sich durch eine Drucktaste automatisch schließt.

Der sich zur Mündung leicht verjüngende Lauf ist durchgehend oktagonal profiliert. Die Visiereinrichtung besteht aus eingeschobener Kimme und aufgelötetem Korn.

Schaft aus geschwärztem und geöltem Buchenholz. An den Konturen und Kanten mit linearen Verschnitzungen. Hölzerner Ladestock mit Metalldopper, ohne Ladestockbänder in den Schaft eingelassen.

Neben den großen und schweren Musketen gehörten zur Bewaffnung während des Dreißigjährigen Krieges diese leichteren Ausführungen von Gewehren, die sogenannten Schützenrohre oder einfach nur Rohre genannt (nicht zu verwechseln mit der verallgemeinernden Bezeichnung für die Läufe von Feuerwaffen, welche abenfalls als "Rohre" bezeichnet wurden). Schützenrohre hatten eine Länge von ca. 130 bis 135 cm, wogen weniger als 4 kg und wurden unter anderem in Suhl und Nürnberg hergestellt. Rohre hatten glatte Läufe (ohne Züge). Sie waren, ausgehend von der niederländischen Spezifikation von 1599, meist auf ein Kaliber von 20 Kugeln aufs Pfund Nürnberger Silbergewicht gebohrt (ca. 15,9 mm) und schossen eine rollende Kugel von 24 aufs Pfund (14,9 mm). Leichte Rohre wurden ohne Stützgabel geschossen und stellten die Bewaffnung der sogenannten Schützen dar. Diese führten kein Bandelier mit sich, sondern hatten ein am Gürtel befestigtes Flaschenhangsel, an welchem eine große Pulverflasche für die Treibladung und eine kleine Flasche für das Zündkraut hing. Die Rohrschützen kamen aber bereits zu Beginn des 30jährigen Krieges aus der Mode und fanden nur noch in der Landesdefension (Ausschuß) Verwendung. Während die Exerzierordnung von Jakob de Gheyn aus dem Jahre 1607/08 noch von „Rören, Musquetten undt Spiessen“ handelt, schreibt Wallhausen bereits im Jahr 1615 über das „Einfache Rohr“: „[...] ein jeder Hauptman soll dahin trachten, daß er am meisten Musquetirer und nicht Jungen die er mit Rohren oder anderem leichten Gewehr beladen muß habe, ja die Rohrschützen darzu gewehnen, daß sie zu den Rohren die Fürquet [Stützgabel] auch brauchen, welches ihnen eine leichte Übung hernach zur Mußqueten wird.“. In dem im Jahr 1620 in Nürnberg erschienenen Exerzierbüchlein von Peter Isselburg wird die Gattung der Rohrschützen schon nicht mehr erwähnt. Schützenrohre waren jedoch in den Zeughäusern der Städte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts und darüber hinaus gebräuchlich, da sie sich durch ihre Handlichkeit besonders zur Verteidigung befestigter Plätze eigneten.



Diese Ansicht des hinteren Kolbenbereiches zeigt die linaer beschnitzten Schaftkanten und Konturen, welche der Waffe ein dekoratives Äußeres verleihen.



Das Luntenschloss in eingebautem Zustand mit geöffneter Zündkrautpfanne. Ungewöhnlich ist der aufwändige, gefederte Pfannenschieber, der hier, anstatt des normalerweise üblichen drehbaren Pfannendeckels, angebracht ist. Durch die unter dem Schieber sichtbare Drucktaste läßt sich dieser automatisch schließen.



Mündungsbereich der Waffe. Gut erkennbar sind der durchgehend oktagonale Außenquerschnitt des Laufes und die bis zum vorderen Abschluß reichenden Zierverschnitzungen des Schaftes. Der Ladestock wird nicht durch die bei Musketen üblichen Ladestockbänder, sondern durch eine geschlossene Schaftbohrung gehalten. Der exakt dem Original nachempfundene Ladestockdopper besteht aus einer gelöteten Metallhülse mit Innengewinde zur Aufnahme eines Krätzers.



Innenansicht des Schlosses. Die äußerst einfache und trotzdem hochfunktionelle Mechanik garantierte einen hohen Grad an Zuverlässigkeit. Den größten Teil des Innnenlebens nimmt der Federmechanismus des Pfannenschiebers ein.



Ansicht von Schloss und Pulverkammer bei geöffnetem Pfannenschienber von oben. Die beim Original im Bereich der Pulverkammer befindlichen Suhler Meister- und Beschaumarken wurden durch die Marken von Armin König ersetzt.

Zurück zur Übersicht