Georg Christoph von Taupadel, geb. 17.12.1595 (a.St.) in Börtewitz/Sachsen - gest. 12.03.1647 (n.St.) in Blotzheim b. Basel, 1631 schwedisch-protestantischer Oberst über ein Regiment Dragoner, 1634 schwedisch-weimarischer Generalmajor, 1642 französischer Generalleutnant. Kupferstich, vermutlich von Peter Aubry II (1596-1666), aus M. Merians Theatrum Europaeum Band IV (1643).
Der schwedisch-protestantische Dragoneroberst Georg Christoph von Taupadel (1595-1637) und die Legende vom verlorenen Arm
Peter Engerisser 01/2022
Über den schwedisch-protestantischen Obersten, späteren Generalmajor und zuletzt französischen Generalleutnant Georg Christoph von Taupadel (1595-1647) wurde im Laufe der Jahrhunderte Einiges geschrieben. Dennoch gibt es in den Quellen relative wenig belastbare Daten über die Vita dieses Protagonisten des Dreißigjährigen Krieges. Somit ist es kaum verwunderlich, dass die meisten Darstellungen seines Lebenslaufs mehr oder weniger fehlerbehaftet sind, insbesondere, was Herkunft und Familie Taupadels betrifft.1)
Mit der Veröffentlichung seiner Leichenpredigt durch die Universitätsbibliothek Basel steht nun eine wesentlich verlässlichere Quelle seiner familiären Eckdaten zur Verfügung.2) Leichenpredigten basieren in der Regel auf den Angaben der engsten Familienangehörigen, die zu seinem Todeszeitpunkt noch zahlreich vorhanden waren - einschließlich der Mutter, zweier Schwestern, zwei noch lebender Söhne und drei noch lebender Töchter.
Herkunft
Georg Christophs Vater war, wie wir nun wissen, Georg von Taupadel auf Pommlitz, Börtewitz und Gröppendorf, aus der Markgrafschaft Meißen in Sachsen.3) Gröppendorf war der ursprüngliche Ansitz des Georg v. Taupadel. Gustav Adolf Poenicke erwähnt, dass Kurfürst August von Sachsen nach 1564 dem "Georg von Taupadel auf Gröppendorf" das schöne und große Gut Pommlitz überließ4). Die Taupadels besaßen Pommlitz bis 1634. Georg v. Taupadel bewohnte das Gut aber nur vorrübergehend, bis ca. 1594.5) In der Folgezeit setzte er dort einen Verwalter ein, wie eine Beschwerde aus dem Jahr 1613 des "Georg von Taupadel auf Börtewitz" gegen Justin Börner wegen einer Rechnung für die Verwaltung des Gutes Pommlitz belegt6). Wohl im Zuge seiner Vermählung, spätestens aber ab dem Jahr 1595, wählte er das Rittergut Börtewitz, als größtes und repräsentativstes der drei Güter, zum Familiensitz. Alle drei Rittergüter, Pommlitz, Gröppendorf und Börtewitz, liegen in einem Umkreis von ca. 10 Kilometern in der Nähe von Grimma.
Über seine Mutter Margarethe von Taupadel, die bei seinem Tod noch am Leben und ca. 82 Jahre alt war, heißt es in seiner Leichenpredigt: "Sein Fraw Mutter [...] heißt Fraw Margreth von Güntenrot auß Raußstein vom Hauß Zigeren." Es handelt sich hierbei um die geborene Margarethe von Günderode auf Rauenstein und Ziegra (aus der Meißnischen Linie derer von Günderode, später gemeinhin Günderrode geschrieben). Zedler, der diesmal richtig liegt, weiß über deren Eltern: "Hanns [von Günderode auf Rauenstein], geboren anno 1526, war Chur-Sächsischer Hauptmann. [Er] kaufte anno 1569 das Ritter=Gut Ziegra [bei Döbeln / Markgrafschaft Meißen] und [hinter]ließ bei seinem anno 1600 erfolgten Tod von Barbara Pflugin unterschiedliche Kinder." Eines dieser Kinder war "Margarethen, welche an Georgen von Taupadeln auf Bordewitz vermählet ward."7)
Margarethe von Günderode (geboren um 1665 auf dem Rittergut Ziegra) war also die Tochter des Hans von Günderode auf Rauenstein und Ziegra und dessen Frau Barbara von Pflug. Sie heiratete um 1594 den Georg von Taupadel auf Börtewitz. In Börtewitz (bei Leisnig) brachte sie am 17.12.1595 (alt. Stil) Georg Christoph von Taupadel zur Welt.
Über den jugendlichen Werdegang Georg Christophs teilt uns seine Leichenpredigt Folgendes mit: "Von diesen seinen Christlichen Evangelischen Eltern ist dieser Herr seliger zu allerhand schönen Tugenden angehalten [worden], sonderlich in der Jugend studiorum causa nacher Zigeren verschicket worden, allwo er sich biß in das 16. Jahr seines Alters hat aufgehalten." Die Frage ist hier, zu welchen Studienzwecken denn der junge Taupadel mitsamt seinem Hauslehrer wohl gerade auf das Rittergut Ziegra, den Geburtsort seiner Mutter verschickt wurde. Naheliegend wäre die Annahme, dass er der Kursächsischen Residenzstadt Dresden näher kommen sollte. Aber die Entfernung von dort nach Dresden betrug ca. 60 km, nicht wesentlich kürzer, als die von Börtewitz dorthin. Der Grund kann nur in der bereits zu diesem Zeitpunkt geplanten militärischen Laufbahn desselben zu suchen sein. Zwar war sein Großvater , der kursächsische Hauptmann Hans von Günderode (als möglicher Mäzen), bereits um 1600 verstorben. Allerdings gab es auf Ziegra noch Georg Christophs Oheim Caspar von Günderode (gestorben um 1640 mit 80 Jahren auf Börtewitz). Dabei handelte es sich um den älteren Bruder seiner Mutter Margarethe, der einflussreiche Beziehungen in hohe militärische Kreise pflegte.8) Auf diese Weise hat der junge Mann ziemlich bald "ein sonderbaren Lust und Anmuth zum Kriegßwesen bekommen, als bey dem sich sein Heroisches Gemüth früh herfür gethan..." (Leichenpredigt, S. 23, etc.).
Frühe militärische Laufbahn
Über Georg Christophs frühe militärische Stationen war bisher wenig bekannt. Auch darüber gibt seine Leichenpredikt einige Hinweise: "[So] hat er sich zum allerersten begeben in den Braunschweigischen Krieg, biß derselbige ein end hatte. Kam nachmalen zur Herrschaft Venedig, deren er mit großem Lob, vier Jahre lang, als ein dapfferer Soldat gedienet hat. Dem König in Polen, und hernach dem Herzog Christian von Braunschweig, hat er etlich Jahr in beyden stellen als ein Leutenant trewe Dienst geleistet."
Offensichtlich diente der junge Soldat anfangs dem Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. Dieser hatte im Jahr 1615 Braunschweig 3 Monate belagert. Die Kampfhandlungen endeten noch im gleichen Jahr durch niederländisch-dänische Vermittlungen im Frieden von Steterburg. Gleichzeitig suchte die Republik Venedig in den Jahren 1613 bis 1617 ständig nach Söldnern. Im Friauler Krieg gegen Gradisca finden sich einige der bekannten Protagonisten des späteren Dreißigjähriegen Krieges ein und auch Georg Christoph folgte diesem militärischen Lockruf. Zudem hat sich der aufstrebende Offizier in den ständigen Auseinandersetzungen der Republik Venedig mit dem Osmanischen Reich gebrauchen lassen. Von 1619 bis 1621 dauerten anschließend die Auseinandersetzungen zwischen dem polnischen König Sigismund III. und den Osmanen auf dem Gebiet des Fürstentums Moldau, welche 1621 im Vertrag von Chocim endeten. Auch hierin scheint Taupadel, mittlerweile als Leutnant, ein Betätigungsfeld gefunden zu haben. Von 1621 bis 1626 sehen wir seinen neuen Kriegsherrn, Herzog Christian d. Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel, den "Tollen Halberstädter", auf den Kriegsschauplätzen des inzwischen tobenden Dreißigjährigen Krieges. In welchem Zeitraum Georg Christoph unter diesem seine militärische Karriere vorantrieb, lässt sich nicht so genau nachverfolgen. Doch ist anzunehmen, dass sich Taupadel noch im Jahr 1625, zusammen mit seinem späteren Dienstherrn, Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, weiter begab: nämlich in die Dienste des dänischen Königs Christian IV. Noch weit vor dem Eintritt des Schwedenkönigs Gustav Adolfs in den Dreißigjährigen Krieg (im Juli 1630) finden wir Taupadel schließlich unter schwedischem Kommando: "Nachdem er ins Königreich Schweden kommen, hat er sich in unterscheidenen Kriegen als ein Capitain, als ein Major, und Obrister-Leutenant brauchen lassen [...]". Somit trat er bereits von 1627 bis 1629, während des schwedisch-polnischen Kriegs (auf dem Kriegsschauplatz des damaligen Polnisch-Preußen) für Schweden in Aktion. Anders wäre weder seine Laufbahn in der schwedischen Armee vor 1630 (vom Dienstgrad eines Hauptmanns über den eines Majors bis hin zum Oberstleutnant), noch seine Vermählung 1628 in Polnisch Preußen zu erklären.
Heirat und Familie
Gegen Ende des Jahres 1628 heiratete Georg Christoph von Taupadel in Guttstadt (damals Fürstbistum Ermland, Teil von Polnisch Preußen, später Ostpreußen, heute Dobre Miasto, Polen) die "Woledle, Ehren- und Tugendreiche Jungfraw" Margaretha Jung. Margaretha war die Tochter des schottischen Kaufmanns John Young (der seinen Namen in Johann Jung eingedeutscht hatte) und dessen Frau Sibille, einer geborenen Althof. Taupadel hat seine Ehefrau also während seines Kriegsdienstes für die Krone Schweden in Polnisch Preußen kennengelernt. Deren Abstammung von einem schottischen Vater war zu dieser Zeit in dieser Gegend nicht ungewöhnlich. Im gesamten Ostseeraum, vor allem aber in der königlichen (polnischen) Provinz Preußen, hatten sich im 16. Jahrhundert englische, aber größtenteils schottische Kaufleute angesiedelt (organisiert in der "Eastland Company und der "Fellowship of Eastland Merchants"). Ihr Bürgerrecht erwarben viele Schotten durch Einheirat in angesehene Bürgerfamilien.9)
Taupadels Ehefrau Margaretha begleitete ihren Mann ab diesem Zeitpunkt während dessen gesamter militärischer Karriere und auf den meisten seiner militärischen Kampagnen. Sie gebar ihm drei Söhne und vier Töchter. Ein eindrucksvolles Zeugnis des gefährlichen Alltags dieser Soldatenehe gibt die Schilderung des Einzugs der Familie in das Schloss Bedburg des Grafen Salm im Jahr 1642, bei dem Taupadel selbst "das Pferd unter dem Leib todt, seiner Gemahlin aber dreymal durch die Kutsche geschossen."10) Einen weiteren kurzen Einblick in das Familienleben vermittelt uns die Leichenpredigt des im September 1632 in Lauingen verstorbenen Söhnleins Georg Otto von Taupadel (08.09.1629 - 10.09.1632 a.St.).11)
Auch eine unverheiratete Schwester Taupadels scheint die Familie zeitweise begleitet zu haben. Von Oktober 1632 bis März 1635 befand sich diese mit dem zweiten Söhnchen Taupadels auf der Veste Coburg. Bei der Eroberung der Veste im März 1635 durch den kaiserlichen General Lamboy ist im Übergabevertrag vermerkt: "Hierinnen ist auch in specie begriffen des Obrist Taupadels Jungfer Schwester, welcher mit aller bey sich habenden Bagage, Mobilien, so Ihrem Herrn Bruder und Ihrer zuständig, neben sein des Taupadels Kind und dero bei sich habenden Angehörigen, mit der Guarnison frey und sicher abziehen, erlaubt seyn solle."12) Die Rede ist vermutlich von Taupadels zweitem Sohn Axel von Taupadel (12. Dez. 1630 a.St. in Schweden - 23. Juni 1671 a.St. in Wilstätt b. Kehl).13) Dieser war zuerst schwedischer Rittmeister, ab 1647 französischer Oberst, nachdem er das französische Kavallerieregiment seines verstorbenen Vaters übernommen hatte. Er heiratete am 29.10.1651 Maria von Erlach (09.05.1634-06.05.1697 a.St.), die Tochter des Schweizer Generalleutnants Johann Ludwig von Erlach, wodurch der Taupadel'sche Besitz in Basel Familienerbe blieb.14) Axel von Taupadel wurde, ebenso wie sein Vater Georg Christoph, in St. Peter zu Basel bestattet, wo sein Epitaph, geschaffen von Balthasar Hüglin, noch zu sehen ist. Er und seine Ehefrau Maria hinterließen keine Nachkommen.
Axel von Taupadel (1630-1671), 1647 französischer Oberst,
Zweiter Sohn des Georg Christoph von Taupadel.
(Zeitgenössiches Ölgemälde schweizer Provenienz, Privatbesitz).
Den dritten Sohn des Generals betreffend gibt es zahlreiche Vermutungen. Seit der ersten Erwähnung des folgenden Vorfalls im Theatrum Europaeum wird regelmäßig ein Johann Georg (Christoph) von Taupadel als dieser Sohn angegeben. Dieser kämpfte unter Prinz Ruprecht in der englischen Marine, später als Rittmeister auf dem Kriegsschauplatz der Spanischen Niederlande. Er wurde am 14.10.1668 anlässlich eines Heimatbesuches in Meißen zur Klärung von Erbschaftsangelegen von seinen beiden begleitenden Dienern in der Nähe von Körlitz (bei Wurzen) ermordet und ausgeraubt (Theatrum Europaeum Tom. X, S. 971). Mittlerweise gilt als erwiesen, dass es sich bei diesem Johann Georg von Taupadel um einen weiteren Verwandten des Generals, nicht aber um dessen Sohn handelte.
Genauere Auskunft gibt auch hier die digitale Veröffentlichung einer Archivalie in Form des notariell beglaubigten und beurkundeten Verkaufs der Herrschaft Buchenau, zwischen Fulda und Bad Hersfeld gelegen (am 27. März 1670 an den Fürstabt des Klosters Fulda Joachim von Grafeneck). Hierbei tritt der dritte, namensgleiche Sohn des Generals maßgeblich in Erscheinung, nämlich Georg Christoph von Taupadel, Rittmeister in französischen Diensten. Er war verheiratet mit Sidonia Philippina, geborene von Buchenau. Das Ehepaar wohnte zu diesem Zeitpunkt in Rappoltsweiler in der Grafschaft Rappoltstein (auch Rabenstein, elsässisch: Rappstein) im Oberelsass, unweit von Colmar.15) Auch dieses Ehepaar hatte keine Nachkommen. Geburts- und Sterbedatum von Georg Christoph (II) von Taupadel ließen sich bisher leider nicht eruieren.
Von Taupadels Töchtern Elisabeth (gest. Basel, 1. Jan. 1645), Bernhardine (geb. in Blotzheim, verh. von Diesbach), Margarethe Magdalena (geb. 1632 in Lauingen) und Juliana (vor 1647 nach 1670) waren beim Tod des Generals im März 1647 noch die letzteren drei am Leben. Ebenso, wie seine zu diesem Zeitpunkt etwa 82-jährige Mutter Margarethe. Seine Gemahlin Margaretha war bereits im Vorjahr, am 10.09.1646, in Basel verstorben.16)
Georg Christoph von Taupadel und die Legende vom verlorenen Arm
Die Schilderung aller militärischen Stationen Georg Christoph von Taupadels in den Jahren vom Eintritt des Schwedenkönigs Gustav Adolf in den Dreißigjährigen Krieg (Juni 1630) bis zu der für das schwedisch-protestantische Heer verhängnisvollen Schlacht bei Nördlingen (5.u.6. Sept. 1634) würde den Rahmen dieser kurzen Abhandlung sprengen.17) Auch die Erfolgsjahre seiner militärischen Karriere, von seiner Ernennung zum Generalmajor über die anschließende, ereignisreiche Zeitspanne in der weimarisch-schwedischen Armee, bis zu seinem Übertritt als Generalleutnant auf die französische Seite im Jahr 1642, sind ausreichend gut dokumentiert. Sie sollen hier deshalb nicht näher erörtert werden. Einzig ein Ereignis seiner Vita ist hier erwähnenswert, weil bislang keine Taupadel-Biographie darüber Aufschluss geben konnte: nämlich Anlass und Zeitpunkt der Ernennung Georg Christophs zum Generalmajor der schwedisch-weimarischen Armee. Sie erfolgte am 19. Juni 1634 (n.St.) aufgrund eines Empfehlungsschreibens Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar vom gleichen Datum an den schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna. Anlass dafür war der Tod und die dadurch notwendig gewordene Nachfolge des bisherigen schwedischen Generalmajors Nicholas de Courville: "Dieweill dann nunmehr die nothdurft erfordert, das an seiner stadt eine andere qualificirte persohn verordnet werde..."19) (Courville war am 1. Juni 1634 (n.St.) durch einen Geschützunfall vor den Mauern Regensburgs ums Leben gekommen).
Allerdings soll eine - zwar oft kolportierte, weil spektakuläre, aber dennoch höchst unwahrscheinliche Anekdote von Taupadels Vita nachfolgend etwas näher beleuchtet werden. Die Behauptung nämlich, dass ihm im Februar 1634 bei der Belagerung von Furth im Wald (heute oberpfälzer Landkreis Cham) durch eine Falkonettkugel der linke Arm abgeschossen worden wäre. Diese Nachricht findet sich zuerst im Theatrum Europaeum Bd. III, S. 186, und wurde von dort in sämtliche Taupadel-Biographien übernommen. Auch der Autor dieser Zeilen hatte sich seinerzeit dieser Stelle bedient. Mit dem Stand der heutigen Quellenlage kann die obige Aussage jedoch nur schwerlich aufrecht erhalten werden.
Der Beginn der Belagerung von Furth wird in den Quellen auf den 24. Febr. 1634 (n.St.) datiert.18) Bereits am 25. Februar war Taupadel aber wieder zurück in seinem Hauptquartier in Cham, von wo er einen ausführlichen Bericht an Herzog Bernhard von Weimar schickte, ohne eine Verwundung oder andere außergewöhnliche Zwischenfälle zu erwähnen. Die Blockierung von Furth i. Wald durch Taupadelsche Truppen bis zur Übergabe des Schlosses dauerte weitere 12 Tage, jedoch ohne die Anwesenheit des Obersten. In den folgenden Monaten - bis Mitte Mai 1634 - war Taupadel kontinuierlich mit kriegerischen Aktionen in der Oberpfalz beschäftigt, mit dem Zweck, die Nachschubwege der Regensburg belagernden kaiserlichen Truppen zu stören. Zahlreiche Korrespondenzen an seinen Vorgesetzten Herzog Bernhard geben Zeugnis von diesen Aktivitäten.19)
Diese strapaziösen Kampagnen hätte Taupadel mit einer solch schweren Verletzung wohl kaum bewerkstelligen können. Zudem ist auch in den zeitgenössischen Abbildungen des Obersten (ab 19. Juni 1634 Generalmajors), die beide nach 1638 entstanden, nichts dergleichen zu sehen.20) Auch in Taupadels Leichenrede wäre eine solche Verwundung erwähnt worden. Stattdessen heißt es hier: "[...] daß weil er seinen Lauff vollendet hatte, er nicht mehr als 7. Tag krank gelegen." Aufklärung gibt hier der Chronist Georg Gottlieb Gumpelzhaimer, der aus den Regensburger Ratsprotokollen schöpft. Dieser schreibt dazu: "Im März [1634] wurde im [Regensburger] Dom zum Erstenmal ein Evangelischer Oberst Tubadl, der zu Furth den Arm verloren, begraben."21) Tatsächlich hatte Georg Christoph mehrere Cousins, die als Offiziere in schwedisch-protestantischen Kriegsdienten standen. Den Vornamen dieses gefallenen [Oberstleutnants?] Taupadel hat Gumpelzhaimer leider nicht überliefert. Einer von diesen Verwandten muss es jedoch gewesen sein, der während der Belagerung von Furth im Wald zwischen dem 24. Febr. und dem 8. März 1634 den Arm verlor und in Regensburg seiner schweren Verwundung erlag, worauf er noch im März 1634 im dortigen Dom beigesetzt wurde. Georg Christoph von Taupadel selbst lebte jedoch unversehrt als schwedischer Generalmajor und zuletzt französischer Generalleutnant noch weitere 13 Jahre. Er starb am 12.03.1647 (n.St.) auf seinem elsässischen Gut Blotzheim bei Basel. In St. Peter zu Basel liegt er begraben.
Anmerkung: Dieser Artikel dient dazu, eine historisch relevante Person im Kontext der geschichtlichen Ereignisse und des sie umgebenden Zeitgeistes näher zu betrachten. Er dient nicht zur moralischen Bewertung oder gar Erhöhung dieser Person. Dies eingedenk der Tatsache, dass eigenverantwortlich handelnde Militärs des Dreißigjährigen Krieges ihre Karriere fast immer durch ein gehöriges Maß an Skrupellosigkeit und Brutalität vorantrieben.
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Quellen:
1) Bis auf wenige Ausnahmen stützen sich fast alle diese Lebensbeschreibungen auf den Beitrag Bernhard Potens in der der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB, Ausg. 1894, Bd. 37, S. 418f.), der sich wiederum ausschließlich auf Valentin Königs Genealogische Adels-Historie und Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon bezieht. Schon Königs Genealogische Adels-Historie (Valentin König: Genealogische Adels-Historie, Erster Theil, Leipzig 1727, S. 965ff.) enthält zahlreiche fehlerhafte Zuordnungen in Taupadels Stammbaum (den biografischen Text hat König wiederum aus J.G. Gauhe: Historisches Helden- und Heldinnen-Lexicon, Leipzig 1716, S. 1566ff. übernommen), welche wiederum Eingang in Zedlers Universal-Lexicon fanden. (Johann Heinrich Zedler,Hrsg.: Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste [etc.]. Bd. 42, Leipzig & Halle 1744, S. 394f.).
2) Gernler, Johannes: Ein christliche Leich-predigt, Von gebürlicher Betraurung unserer lieben Abgestorbenen : welche den 8. Martii An. 1647 in der Pfarrkirchen bey St. Peter zu Basel, bey der ... Bestattung des ... Georg-Christoffs von Taupadell, Königlicher Majestät [...]. Gedruckt zu Basel : bey Georg Decker, [ca. 1647]. Universitätsbibliothek Basel, KiAr G X 10:34, https://doi.org/10.3931/e-rara-66935 / Public Domain Mark [PDF-Dokument]. Allerdings muss man bei der Interpretation der hier aufgeführten Orts- und Familiennamen Vorsicht walten lassen, da sich (wohl bei der handschriftlichen Übergabe des Manuskripts des verfassenden Pfarrers Johann Gernler an den Drucker Georg Decker in Basel) einige Druck- und Transkriptionsfehler eingeschlichen haben, die sich jedoch mit Hilfe der mittlerweile verfügbaren weiteren Quellen leicht interpretieren und damit korrigieren lassen.
3) Georg Christophs Eltern waren nicht, wie in fast allen Biografien angegeben, Heinrich von Taupadel auf Fichtenberg (bei Mühlberg an der Elbe) und dessen Gemahlin Susanna, geborene von Ende (auch bei Peter Engerisser: Von Kronach nach Nördlingen - Der Dreißigjährige Krieg in Franken, Schwaben und der Oberpfalz 1631-1635, Weißenstadt 2005, 2007; S. 168). Tatsächlich war sein Vater "Georg von Taupadell auß Meissen, wo er drey unterschiedene Adeliche Sitz hatte" (Leichenpredigt ab S. 22ff.), nämlich Pommlitz, Börtewitz und Gröppendorf.
4) Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen, Section Leipziger Kreis, Supplement, Leipzig 1860.
5) Nach einer Gerichtsakte im Sächsischen Staatsarchiv Dresden, 10084 Appellationsgericht, Signatur Nr. 00922, war der Wohnsitz Georg von Taupadels in den Jahren 1593-1594 noch Pommlitz.
6) Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, 20008 Amt Grimma, Sign. Nr. 1048.
7) Johann Heinrich Zedler, Hrsg.: Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste [etc.], Bd. 11, S. 1251 [Hans von Günderodes Grabstein befand sich nach G.A. Poenicke (s. Anm. 4)) an der Kirchhofsmauer von Ziegra].
8) Zedler, wie Anm. 7), Bd. 11, S. 1252.
9) Karl-Heinz Ruffmann: Engländer und Schotten in den Seestädten Ost- und Westpreußens. Zeitschrift für Ostforschung, 7. Jg. (1958), S. 24f.
10) Valentin König: Genealogische Adels-Historie, Erster Theil, Leipzig 1727, S. 967.
11) Kurtzer einfältiger Leich-Sermon/ Bey dem Begräbniß Des ... Herrn Georg Christoph von Taupadel/ Königl: Mayt: zu Schweden / [et]c. wohlbestellten Obristen Söhnleins/ Georg Ottchen: Welches den 10. Septembris ... entschlaffen/ und folgends den 26. Octobris ... in der Pfarrkirchen zu Laugingen in Schwaben/ in sein Ruhbettlein ist gesetzet worden/ Gehalten durch Jacob Kälber/ Herrn Obristens Feldprediger ... Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt Halle: Pon Zf 170, QK, Signatur [A] C4,D2 [PDF Dokument].
12) Philipp Carl Gotthard Karche: Jahrbücher der herzoglich sächs. Residenzstadt und des Herzogthums Coburg. Drei Bände. Coburg, Verlag der J.G. Riemann’schen Buchhandlung 1853, Bd. III, S. 139f.
13) Friedrich Seyler: Leichenpredigt des Axel von Taupadel, gedr. bei Jacob Bertsche, Basel 1671, S. ff., UB Basel, Ki Ar 6 X 20:27, S. 37ff. Hier findet sich auch das korrekte Sterbedatum Axel v. Taupadels mit dem 23. Juni 1671 (a.St.) in Wildstetten (=Wilstätt b. Kehl), damals Grafschaft Hanau (das bisweilen überlieferte Todesdatum 13. Juli 1671 a.St. war das Begräbnisdatum zu St. Peter in Basel). Die Todesursache war möglicherweise Syphilis, wie aus den Krankheitssymptomen seiner Leichenpredigt zu schließen wäre. Selbst sein Pfarrer konnte sich die Anmerkung nicht verkneifen: "Sein Leben [...] betreffend so können wir nicht verneinen, daß er seine Fähler und Schwachheiten gehabt habe", ein für eine Leichenpredigt außergewöhnlich hartes Urteil. Er und seine Ehefrau Maria, geborene von Erlach, hinterließen keine Nachkommen.
14) Friedrich Seyler: Leichenpredigt der Maria von Taupadel, gedr. bei Johan-Rudolph Cenath, Basel 1697, S. 64ff., UB Basel, Aleph F XII 6:14.
15) Hessisches Staatsarchiv Marburg, Urkunde 75 Reichsabtei, Stift , Nr. 1910 (Verkaufsurkunde der Herrschaft Buchenau an das Kloster Fulda vom 03. März 1670) und 1913 (Notarielle Beglaubigung vom 27. März 1670) - HStAM Bestand Urk. 75 Nr. 1913.
16) Unter anderen: Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz, Hrsg. von Heinrich Türler, Bd. 6, sowie die Angaben in Taupadels Leichenpredigt, wie Anm. 2).
17) Für ersteren Zeitabschnitt stellvertretend hierzu die Ausführungen in Peter Engerisser: Von Kronach nach Nördlingen, wie unter Anm. 3), S. 168ff.
18) Wie Anm. 17), S. 212
19) Alle Briefe und Korrespondenzen Taupadels in: Rikskansleren Axel Oxenstiernas skrifter och brefvexling. Sjunde bandet (7. Bd.) Senare Afdelningen (Hertig Bernhards af Sachsen-Weimar Bref 1632-1639). Utgifna af Kungl. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien. Stockholm, P. A. Norstedt & Söner 1895, kurz: Skrifter II Bd. 7. Hier insbesondere die Seiten 154,155 u. ff., sowie S. 181, 182. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein Brief Herzog Bernhards von Weimar vom 19. Juni 1634 (n.St.) aus dem Hauptquartier Eschenau (bei Erlangen) an den schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna (S. 213), in dem Herzog Bernhard diesem die Ernennung Taupadels zum Generalmajor avisiert (anstelle des am 01. Juni vor Regensburg gefallenen Generalmajors Nicholas de Courville).
20) Beide Abbildungen entstanden wohl um oder nach 1638 und gehen vermutlich auf Kupferstichvorlagen des Straßburger Kupferstechers Peter Aubry II (1596-1666) zurück. Die erste, oben abgebildete erschien zuerst in M. Merians Theatrum Europaeum Bd. 4, erschienen 1643. Ein weiterer Stich Aubrys (verlegt von Balthasar Montcornet) erschien vermutlich noch später (um 1650). In beiden Stichen ist Taupadels linker Arm unversehrt, im ersten auch die linke Hand sichtbar.
21) Christian Gottlieb Gumpelzhaimer: Regensburgs Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten, in einem Abriß aus den besten Chroniken, Geschichtsbüchern, und Urkunden-Sammlungen dargestellt. Dritte Abtheilung vom Jahre 1618 bis 1790. Regensburg, Montag, Weiß und Pustet 1838. Bd. III, S. 1229.
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