Am 28. März (7. April nach neuem Kalender) 1622 schlug die wohl schwerste Schicksalsstunde für das damals kurpfälzische Städtchen Hilsbach im Kraichgau.
An diesem Donnerstag vor dem Sonntag Lätare schickte Johann Tserklaes Graf von Tilly, Generalleutnant der katholischen Liga, den in bayrischen Diensten stehenden Oberst Schmid* mit einer Abteilung Fußvolk ohne Geschütze vor das befestigte Hilsbach. Von Dühren her kam dieser morgens 8 Uhr vor den Toren Hilsbachs an. Nach Einschließung des Ortes versuchten seine Truppen mittags zwischen 11-12 Uhr eine Erstürmung der Mauern. Die Hilsbacher Bürgerwehr unter ihrem Kommandanten, dem Leutnant Konrad Diemar, einem Hilsbacher, schlug den Angriff ab, wobei sie selbst 5 Mann auf der Stadtmauer verlor. Der Feind dagegen büßte 27 Mann ein. Die Hilsbacher hatte auf Hilfe durch den Grafen Peter Ernst von Mansfeld, kurpfälzischen Feldmarschall, gehofft. Der hielt sich indessen jenseits des Rheins in speyerischem Gebiet bei Plünderungen auf. Abends gegen 6 Uhr nahm das Verhängnis seinen Lauf. Ein speyerischer Untertan, der in Hilsbach Zuflucht gesucht hatte, verriet den Angreifern ein Kellerloch in der Stadtmauer in einem Haus beim unteren Tor (gegenüber dem heutigen Gasthaus Deutscher Kaiser, Wohnhaus des Peter Trendl). Während auf der entgegengesetzten Seite des Städtleins die Belagerer noch einmal angriffen, um die Bürger dort festzuhalten, schlüpften unbemerkt 200 Tilly’scher Soldaten durch das Kellerloch und öffneten dann das untere Tor von innen. Die übrigen konnten leicht eindringen. Erbost durch den Widerstand der Bürger und die eigenen Verluste, hausten sie unmenschlich:
„dannenhero der Soldat in prima furia (in der ersten Wut) also ergrimmt, dass der meiste Theil der Bürger, da kein geworbenes Volk darin lagen, niedergehauen und verwundet wurde. [...] Conradt Diemar, einen ehrlichen guten Mann und Inwohner, welcher sich für einen Leutnant bey der Burgerschaft lassen gebrauchen, haben sie ausgezogen und in dem Hembdt über die Mauer hinausgehenkt, haben alles ohne Unterschied darinnen niedergehauen, auch Weiber und Kinder nicht verschont, sondern alles was nicht entloffen und sich versteckt, jämmerlich umgebracht. [...] Die junge Töchter haben sie allesambt, auch 3 Eheweiber und des Burgermeisters Weib mit sich genommen und weggeführt. Folgenden Morgen hat der Oberst die Glock läuten und die Burgerschaft, was noch übrig, zusammen fordern lassen. Haben sich 14 Personen gefunden und eingestellt, denen er [Schmid] in continenti 1000 Taler mit erschrecklichen Gebärden und Bedrohen des gänzlichen Niederhauens abgefordert, welches sie auch, weil der gemeine Soldat dabei gewesen und nur auf Befehl gewartet, die arme Leut vollends hinzurichten, versprochen haben, wiewohl es ihnen unmöglich.“[1]
Ein überliefertes Register führt auf, daß 165 Personen den Überfall mit ihrem Leben bezahlen mußten, darunter 122 Familienväter, außerdem 43 weitere Personen, nämlich erwachsene Söhne und Töchter, Ehefrauen, Witwen, unmündige Kinder, Knechte, Mägde und Taglöhner. Schließlich wurden noch 135 Personen verschleppt. Von 181 Familienoberhäuptern überlebten das Masaker nur 59.
Am 17. April (27. April nach dem neuen Kalender) brachten mansfeldisch-pfälzischen Truppen der Armee Tillys bei Mingolsheim eine empfindliche Niederlage bei (Schlacht bei „Wiesloch“). Dieser vernichtete jedoch im Gegenzug (zusammen mit dem spanischen Feldmarschall Don Gonzalo Fernández de Córdoba) die badische Armee des Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach am 6. Mai 1622 bei Wimpfen nahezu vollständig.
Literatur: Gehring, Franz: Hilsbach Chronik etc., Sinsheim 1979; Lurz, Meinhold: Hilsbach etc., Buchen 1997; Heilmann, Kriegsgeschichte II, S. 128.
[1] Joh. Phil. Dorinus: Bayerische Niederlag bei Wiesloch und die Mordthaten zu Hilspach und Necargemündt. Heidelberg, Joh. Lancellot 1622 (Staatsbibliothek München, Bavar. 3000 VII.29).
*Der Oberst Valentin Schmid von Wellenstein stammte aus Bregenz am Bodensee in Vorarlberg. Seit Gründung der katholischen Liga stand er in den Diensten Herzog Maximilians von Bayern, seit 1619 als Oberstleutnant. Am 19. August 1620 wurde er zum Obersten über ein Regiment zu Fuß ernannt, welches in Linz aus den Resten der entlassenen Truppen der oberösterreichischen Stände formiert worden war. Mit diesem Fußregiment von 2465 Mann in 10 Kompanien nahm Schmid am Feldzug Herzog Maximilians nach Böhmen (wo er am 8. November 1620 in der Schlacht am Weißen Berg kämpfte) und anschließend am pfälzischen Kriegszug der bayerischen Armee unter dem Generalleutnat der Liga, Graf von Tilly, teil. Im Jahr 1622 umfaßte das Regiment Schmid noch ca. 1800 Mann. Nach Teilnahme an den Schlachten von Mingolsheim, Wimpfen und Höchst (27.4., 6.5. und 20.6.1622), Stadtlohn (6.8.1623) und Lutter (27.8. 1626) quittierte Schmid 1626 den kurbayerischen Dienst und wechselte um 1630 in die Dienste von Erzherzog Leopold V. von Tirol und Vorderösterreich (nach dessen Tod im Sept. 1632 in die seiner Gemahlin, der Erzherzogin Claudia von Tirol). Er war ab1633 kais. Feldhauptmann von Vorarlberg mit Sitz in Bregenz und Feldkirch. Seine Titulatur zu diesem Zeitpunkt lautete: "Valentin Schmid von Wellenstain, Ritter, Röm. kais. Mt. Kriegsrat und Obrist, auch der Fürstl. Durchlaucht zu Österreich Rat und Obristfeldhauptmann der vier Herrschaften vor dem Arlberg". Schmid war der Schwiegervater des kais. Obersten Augustin Vitzthum von Eckstädt, Kommandanten in Lindau. Er starb im Jahr 1639 (P. Engerisser, 12/06).